Gut sechs Jahrzehnte nach der Gründung der Band wird im April 2024 ein neues Studioalbum, das erste mit neuen Songs nach 15 Jahren, bei Ruf Records auf CD und LP erscheinen. Gegründet wurde diese Band 1965 von den Blues-Enthusiasten Alan „Blind Owl“ Wilson (1943-1970) und Bob „The Bear“ Hite (1943-1981) mit drei weiteren Musikern. Als Bandnamen wählen sie den Titel eines Songs des Bluesman Tommy Johnson aus dem Jahr 1928, in dem es um eine von Alkoholikern als Ersatzdroge missbrauchte Paste aus Brennspiritus geht, die auch als „canned heat“ bezeichnet wird. 1967 stößt Drummer Adolfo „Fito“ de la Parra zur Band, der diesen Job bis heute innehat, während die Bandgeschichte ansonsten reich an Besetzungswechseln ist und von den ursprünglichen Bandgründern niemand mehr am Leben ist. Im Jahr darauf gelingt Canned Heat mit der weit über die Grenzen der USA hinaus erfolgreichen Hitsingle „On The Road Again“ der internationale Durchbruch. In der Zeit bis heute veröffentlichte die Band unzählige weitere Alben, darunter viele Live-Scheiben und Compilations. Und jetzt gibt’s endlich was Neues! Aufgenommen in Burbank, Kalifornien, wurde der langjährige Schlagzeuger Fito de la Parra im Studio von den Mitgliedern der aktuellen Bandbesetzung unterstützt bei den Aufnahmen der elf neuen Tracks – d.h. Gitarrist, Keyboarder und Sänger Jimmy Vivino, Harper und Sänger Dale Spalding und Richard „Rick“ Reed, der den langjährigen Bassisten Larry „The Mole“ Taylor nach dessen Tod im Jahr 2019 ablöste. Darunter ist z.B. mit „So sad (the world’s in a tangle) ein Stück, das die Band ursprünglich bereits 1970 noch in der Besetzung mit Alan Wilson und Bob Hite erstmals für ihr 1970er-Album „Future Blues“ eingespielt hatte und das sich des Weiteren in einer Liveversion auf dem 2015 erschienenen CD/DVD-Set auf der „Songs From The Road“-Reihe von Ruf Records befindet. Aber die Botschaft des Songs ist heute sogar noch wichtiger. Die Band nennt dies einen „psychedelischen, umweltfreundlichen Boogie“! Als Gast an der Leadgitarre ist hier Joe Bonamassa zu hören, der sagte, dass der ursprüngliche Gitarrist der Band, Henry Vestine, einer seiner frühen Einflüsse war. Bei „East/West Boogie“, einem Instrumental, geschrieben von Mark Eliyahu und dem Titelsong der US-Show „Tehran“ nachempfunden, werden arabische und westliche Musikskalen vermengt und das Gefühl für einen echten, modernen „Bauchtanz-Boogie“ geschaffen! An jene frühen Tage der Bandgeschichte erinnert auf seine Weise zudem der Song „Blind Owl“, eine Hommage an Bandmitbegründer Alan Wilson aus der Feder des kalifornischen Singer-Songwriters Dave Alvin, die Wilsons einer extremen Kurzsichtigkeit geschuldeten Spitznamen zum Titel hat und bei der Alvin auch selbst an Gitarre und Sprechgesang zu hören ist. Unter den weiteren Tracks finden sich mit „One Last Boogie“, dem rockigen „Goin’ To Heaven (In A Pontiac)“ und dem Slowblues „When You’re 69“ sowie den Blues-Nummern „Tease Me“ und „You’re The One“ und dem lässig swingenden „Independence Day“ je drei teils mit Co-Autoren verfasste Kompositionen von Jimmy Vivino bzw. Dale Spalding. Ist das nun der krönende Abschluss einer langen Plattenkarriere, mit der sich Canned Heat aus dem Showbusiness verabschieden? Zumindest der Albumtitel scheint dies anzudeuten, schließlich ist die Aussprache von „Finyl Vinyl“ verdammt nah dran an der von „final vinyl“, sprich der allerletzten Plattenproduktion, und auch der Titel des Openers, Vivinos „One Last Boogie“, weist in dieselbe Richtung; ebenso wie sein Song „When You’re 69“, der ein Alter zum Thema hat, das einen eher an Ruhestand als an weitere Studioaktivitäten denken lässt. Andererseits ist der Tourplan auf der Homepage der Band für 2024 schon recht gut gefüllt und nach Europa wird es im Sommer auch wieder gehen. Warten wir’s also ab und lassen uns überraschen. Und in Regensburg hat die Band ja schon oft gespielt in der Alten Mälzerei, vielleicht kommen sie wieder und präsentieren dann die neuen Songs auch „live on stage“. Für den 8. Juli ist auf jeden Fall Canned Heat schon als „special guest“ für das Status Quo-Konzert beim Tollwood-Festival in München angekündigt. (Ruf Records) P.Ro
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