Sie kennen sich seit Kindertagen – Producer Ferge, dessen wohlklingender Alias sich von seinem bürgerlichen Namen Luka Fehrmann ableitet, und Sänger Kolja Pribbernow, der sich hier Fritz Fisherman nennt. Das Skaten verbindet und die Liebe zur Musik, genauer gesagt zum HipHop, machte die zwei unzertrennlich. Sie sind gerade mal 15 Jahre alt, als sie 2009 ihren ersten gemeinsamen Song schreiben und von da an tingeln sie in wechselnder Begleitung über verschiedenste Bühnen in und um die Franken-Metropole Nürnberg, bevor 2018 das Projekt Ferge X Fisherman entsteht mit der ersten EP „Gone Fishing“. Jetzt legt das Duo mit „Good Mother“ bereits den dritten Longplayer vor, den Nachfolger von „Duality“ von 2022. Erwachsenwerden kann anstrengend sein, ja sogar überfordernd. Mit der Komplexität dieses Prozesses – mit all den Problemen und Gedanken, die damit einhergehen – befasst sich das HipHop-Kollektiv Ferge X Fisherman im neuen Studioalbum. „Früher musste man mit 18 erwachsen werden“, sagt Kolja in einem Interview. „Inzwischen zieht sich dieser Prozess bis in die 30er hinein. Wir sind genau in dieser Phase der ‚emerging adulthood‘, finden also unsere eigene Rolle in der Gesellschaft, in der Politik, in der Liebe. Es war nur adäquat, sich auf dem Album ausführlicher mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Auch wenn Nachdenkliches natürlich zu wenig polarisiert, um viral zu gehen.“ Der Frontrapper Fritz Fisherman teilt darauf prägende Erfahrungen, erzählt von falsch gestellten Weichen und fängt die universellen Ängste dieser Phase ein: Kann ich mir selbst treu bleiben, wenn sich alles um mich herum verändert? Was ist, wenn ich noch nicht bereit bin? Soundmäßig bilden Ferge X Fisherman auf den zehn neuen Tracks ganz bewusst einen Kontrast zu diesen Gefühlen der Dringlichkeit. Denn durch Gospel-Chöre und soulige Rhodes-Akkorde klingt „Good Mother“ warm und geradezu gemütlich, wodurch das eigene Privileg der Musiker klargemacht werden soll. All die Möglichkeiten ihrer Besetzung, die neben dem Rapper Fisherman und dem Produzenten Ferge auch mehrere Jazz-Instrumentalisten beinhaltet, werden auf „Good Mother“ wieder wundervoll ausgenutzt. Auch Mick Jenkins, Rapper aus Chicago und ein großes Idol von Ferge X Fisherman, hat mitgewirkt. Und irgendwie hat auch das Cover des Albums dazu einen Bezug, es zeigt eine gezeichnete Raupe und einen Schmetterling. Und so haben sich auch Ferge X Fisherman weiterentwickelt mit diesen Songs. Dazu Kolja in einem Interview: „Ich glaube, es [das Album] ist so repräsentativ für unsere letzten Jahre, so als gesamte Band. Wir sind jetzt alle langsam in dem Alter, wo man sich da Gedanken macht, wo man gesellschaftlich auch so auf diese 30er Hürde zugeht und man das Gefühl hat, so okay, jetzt langsam sollte man erwachsen sein.“ „Good Mother“ ist somit ein mehrdimensionales Coming-of-Age-Album, auf dem Ferge X Fisherman vor einem unsortierten Haufen aus Veränderungen zu stehen scheinen und eben diese Überforderung dann zu ihren Gunsten nutzen – indem sie den Problemen der Erwachsenenwelt eine umarmende Innigkeit gegenüberstellen. (Ferge X Fisherman) P.Ro
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