altemaelze

Paradise

The Shadow Lizzards

Der dritte Streich des Nürnberger Trios – wieder Vintage-Rock vom Feinsten!

Dieses Nürnberger Trio macht klassischen Rock, der sich an der Hochzeit des Genres in den 1960ern/1970ern orientiert und starke Blues- wie auch Psychedelic-Einflüsse enthält. Dabei kommt der von ihm selbst als „Vintage Rock“ bezeichnete Sound des Trios absolut frisch und zeitgemäß daher und lässt immer wieder durch unerwartete Einschübe oder Ausflüge in andere Genres aufhorchen. Nach dem Zweitling „Someone’s heartache“ von 2022 folgt jetzt mit „Paradise“ der dritte Streich der Franken. Das aktuelle Line-up, bestehend aus Jochen Leistner (Gesang, Orgel, Bass und Mundharmonika) Kris Karla (Gitarre und Chorgesang) sowie Oliver Pfeiffer an Schlagzeug und Percussion, hatte bereits den viel gelobten Vorgänger eingespielt. Nach mittlerweile viereinhalb Jahren gemeinsamer Arbeit zeigt sich dieser Dreier erstklassig aufeinander eingespielt und selbstbewusster denn je. Eines der besten Beispiele dafür ist gleich zum Start der Platte platziert. „Eden‘s Gate“ ist im Grunde ein herrlich gradliniger, satt nach vorne gehender Rocker. Zum Ende hin entwickelt er dann aber doch zunächst geradezu epische Qualitäten, bevor er dank eines atmosphärischen Klavierparts wunderbar nachdenklich auf das Finale zusteuert. „Gettin‘ Rid Off“ hingegen ist ein dreckiger, heavy groovender Stampfer, der sich als Live-Hymne geradezu aufdrängt, während „Mother Earth“ deutlich introvertierter und sanfter, dabei aber immer vorwärts orientiert und mit einem brillanten, mitreißenden Gitarrensolo daherkommt. Für noch mehr Abwechslung sorgt nicht nur das unterschwellig immer mal wieder durchkommende Americana-Feeling, sondern speziell der erstaunlich authentisch präsentierte Latin-Rocker „De Ángeles Y Diablos“. Das abschließende „Homecoming“ ist dann nicht nur der vielleicht ruhigste Titel der knapp 40 Minuten, es bringt auch noch einmal die psychedelischen Wurzeln der Musiker so richtig zum Vorschein. Trotz dieser Vielfalt kommt „Paradise“ völlig homogen und stimmig rüber, wirkt locker, leicht und wie aus einem Guss. Großen Anteil an diesem Eindruck hat sicher die Art und Weise, wie The Shadow Lizzards ihre neuen Stücke aufgenommen haben. Erneut benutzte man dafür die Schwarzkopf Studios in der Heimatstadt der Band. Als Produzent war – wie schon beim Vorgänger – Philipp Fleischmann tätig. Für die Abmischung der Aufnahmen zeichnete dann Drummer Oliver Pfeiffer verantwortlich. „Die Hauptarbeit im Studio hatten wir in drei oder vier Tagen erledigt“, berichtet Jochen Leistner über die gleichermaßen zielstrebig wie spontan und kreativ vorangetriebenen Aufnahmen. „Natürlich kamen danach noch die Gesangsspuren, Overdubs und kleinere, individuelle Instrumentalparts dazu. Das Grundgerüst entstand aber mit uns allen dreien zusammen in einem Raum. Ebenso spielte das gemeinsame Musizieren bei der Entstehung der Songs bereits eine zentrale Rolle.“ Leistner, der The Shadow Lizzards 2015 gründete, erklärt, dass es beim Komponieren unterschiedliche Abläufe gibt, die zum Ergebnis führen können: „Häufig ist es so, dass ich allein eine Grundidee entwickle, die ich mit in die Probe nehme. Daran arbeiten wir dann gemeinsam, wodurch sich verschiedene Einflüsse von uns allen in einem Stück entfalten. Andererseits kommen aber auch Kris und Oli mit ihren eigenen Ideen, die entweder meine grundlegend verändern oder komplett neue Songs entstehen lassen. Es gibt beim Songwriting definitiv nicht die eine Methode, die immer nur wiederholt wird.“ Und er führt weiter aus: „Als besonders schön und befriedigend empfinde ich es, wenn die Jungs dieses natürliche Verständnis dafür haben, was ich mir ursprünglich für ein Stück vorgestellt habe. Manchmal können sie dies schon binnen weniger Minuten umsetzen und darüber hinaus noch eigene Beiträge hinzufügen, die das Ganze anreichern, besser machen. In diesen gar nicht so seltenen Momenten entsteht ein besonderes Gefühl der Einigkeit, das etwas Magisches an sich hat.“ Auch in Bezug auf die Lyrics lässt sich die Gruppe nicht festlegen. Mal äußert sie sich zu ganz konkreten Themen, dann wieder eher auf abstrakte oder philosophische Weise, den Zustand unserer Welt, unserer Gesellschaft oder unseres Daseins betreffend. Das breitwandige „One Inch Closer“ etwa ist eine Reaktion auf den Krieg in der Ukraine beziehungsweise auf die uns überall umgebende Berichterstattung darüber. Texter Leistner beschreibt den Inhalt auf diese Weise: „In den Strophen werden persönliche Schicksale verschiedener Charaktere geschildert. Der Refrain handelt dann davon, wie weit man im Kriegszustand bereit ist zu gehen oder sich zu verändern.“ Genauso greift der Text aber auch das Phänomen des Krieges im Allgemeinen auf: „Dieser Zustand, in den sich die Menschheit immer wieder meist vollkommen sinnlos begibt, fasziniert mich auf grausame, negative Weise“, sagt der Schöpfer des emotional berührenden und betroffen machenden Textes. Das knackig-bluesige „Stop The Time“ wiederum hat da einen deutlich angenehmeren Hintergrund. „Das Lied beschreibt Zustände, die so schön sind, dass man sie einfach fest- und die Zeit anhalten möchte“, beschreibt sein Schöpfer den Track. Das auch musikalisch schon wunderbar nachdenklich anmutende „Mother Earth“ betrachtet dann ein verwandtes Thema aus einer ganz anderen Perspektive: „Hier wird die Geschichte von unserer Suche nach Glück und Zufriedenheit erzählt. Der Mensch bildet sich so viel ein und plant immer voraus, ohne zu realisieren, dass es letztendlich das Schicksal, das Universum, die Erde selbst sind, die alles in Händen halten und unsere Bemühungen maßgeblich beeinflussen, verändern oder gar beenden können.“ Das Ergebnis dieser Recording-Sessions sind die mit Abstand ausgereiftesten, kompaktesten und pointiertesten Songs ihrer bisherigen Karriere. Klar, dass das Trio jetzt darauf wartet ihre neuen Stücke schon in Kürze live vorstellen zu können. „Auf der Platte gibt es diverse Jam-Parts, die wir in der Live-Performance nicht einfach so reproduzieren werden“, verspricht Leistner. „Das heißt, hier gibt es jede Menge Spielraum für Improvisation. Da wir dabei mehr Zeit haben, kann es zudem gut sein, dass wir manche Songs auf der Bühne deutlich länger und vielleicht auch noch variantenreicher spielen werden.“ Fans handgemachter, kraftvoll-lebendiger und in allen Belangen mitreißender Rockmusik dürfen sich also auf die Tourdates von The Shadow Lizzards freuen – ebenso wie auf ihr exzellentes neues Album, das am 24. Mai veröffentlicht wird. Und am 25. Mai steht dann in Nürnberg im MUZclub die Album-Release-Party mit einem Konzert an. Danach spielt das Trio am 29. Juni in Passau beim „Blackdoor Festival“ und steht am 19. Juli in Bad Kötzing beim „El Ritual Festival“ auf der Bühne, Live-Termin für Regensburg gibt’s leider noch keinen. (Tonzonen Records) P.Ro

*****/*

******* = genial / ****** = phänomenal / ***** = optimal / **** = normal / *** = trivial / ** = banal / * = katastrophal