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Just a Poke

Sweet Smoke

Das Album für den Juni 2024 in der Reihe „from the vaults“

Diesen Monat möchten wir Euch eine absolute Kultscheibe aus den frühen 70er-Jahren vorstellen, die immer wieder für Gesprächsstoff sorgt. Nicht nur wegen der relativ eindeutigen Cover-Gestaltung. Hier ist die Besprechung von Hubert Geue, der dafür eine 6-Sterne-Bewertung abgibt!

Sweet Smoke ist eine Musikgruppe, die 1967 in Brooklyn gegründet wurde, deren Mitglieder jedoch von 1969 bis 1974 in deutschen Landen lebten, wo sie ihre drei Alben einspielten. Deshalb geht die Band immer noch als „Deutschrock-Band“ durch, was natürlich nicht ganz richtig ist. Die technisch versierte Session- und Live-Band war zur Zeit ihres Bestehens vor allem in Deutschland, Frankreich und Holland populär und spielte eine ausgefeilte Mischung aus Psychrock und Jazzrock. Schon die Anfangsgeschichte ist filmreif: Nach einem Auftritt im ‚Cafe Wha?‘ in Greenwich Village (New York) im März 1968 bot ihnen der Betreiber des Cafés ein längeres Engagement in Puerto Rico und auf Saint Thomas an. Obwohl Dorfman, Paris und Kaminowitz noch im College eingeschrieben waren, sagten sie zu und verzichteten auf ihre Schulabschlüsse. Die Band gab in der Karibik drei Monate lang an sechs Tagen pro Woche jeweils sechsstündige(!) Konzerte und festigte dadurch ihren Ruf als ausgesprochene Live-Session- und Improvisationsband. Wenn man sich „Just a Poke“ von 1970 anhört, wird das schnell deutlich. Die Vollblutmusiker mögen lange Stücke, verspielte Solis und treibende Instrumentalpassagen. Das klingt nie überdreht und chaotisch, man schafft es locker, freies Spiel und Melodiesüffigkeit zu verbinden. Schon das erste Stück erinnert etwas an Jethro Tull, später hört man einige augenzwinkernde Anspielungen an den Song „Soft Parade“ (Doors). Die Platte ist u.a. bekannt für ein minutenlanges Schlagzeugsolo von Drummer Jay Dorfman, bei dem mit markanten Stereo-Effekten (Pingpong-Effekt) gespielt wurde. Die Tontechnik des Albums besorgte kein geringerer als Conny Plank. Das – ebenfalls sehr gute – zweite Album „Darkness to Light“ (Harvest-Label, 1973) ist hinduistisch-spirituell beeinflusst, was sich auch in der Cover-Gestaltung sowie der musikalischen Umsetzung und Instrumentierung zeigt. Wer die Band nicht kennt und die psychedelisch-progressive Musik der frühen 70er-Jahre schätzt – just a poke (übersetzt: Nur ein Schubs) unbedingt anhören. Es lohnt sich!