altemaelze

Unter unserem Himmel

Hunzgrippe

Klangliche Vielfalt

Hunzgrippe sind das Kreativ-Duo Michael Schurr und Roland Frank, das erstmals vor sieben Jahren einen Song unter diesen Namen veröffentlichte. Nach dem Debüt „Sparifankerl“ (2021) und „Into the Woid“ (2022) folgt nun mit dem dritten Werk die Meisterprüfung. HUNZGRIPPE feuern aus allen musikalischen Rohren und präsentieren eine klangliche Vielfalt zwischen Skate-Punk a la Bad Religion, Power-Pop wie Weezer und Liedermachertum, wie man es von bekannten Granden der Alpengebiete kennt. Kein Wunder, dass das dritte Studio-Werk dieses Mal tatsächlich ein Doppel-Album geworden ist. Kein Marathonlauf, aber doch mit 18 Titeln bestückt können sich beide Scheiben in Qualität und Länge hören und sehen lassen.

So startet es mit dem Opener „Anfang“ im besten Pink-Floyd-Sinne sich langsam aufbauend, und leitet dann gleich direkt in die erste Hymne ein: „Einsamkeit“, eine Mundart-Bearbeitung des Poems „Solitude“ der amerikanischen Dichterin und Journalistin Ella Wheeler Wilcox (1850-1919). Nicht wenig überraschend, dass auch textliche Stilmittel wie bei der besungenen Glosse „Die Ballade der Experten“ Einzug finden. Weitere Schattenseiten der Gesellschaft, der Welt, im Privaten und aus der Politik, teils autobiographisch, teils reine Fiktion, besingt das Duo in „Untergang (Prä-Post-Ohnmacht)“, „Stockholm Syndrom“ oder auch „Schweigen“ – und schaffen innerhalb des Titels „Frieden“ auch den Schwenk zurück ins Hoffnungsvolle. Zwischen oftmals melancholischen, manchmal auch düsteren Klängen (teils in skatepunk-typischer Hochgeschwindigkeit) finden sich zwischendrin aber auch immer wieder Songs wie „Hör zua“, „Lass des Leben leben in deim Leben“ und „Vittoria“, die Hoffnung und Lebensfreude verbreiten und etwas die Sonne aufgehen lassen. Diese Kontraste machen „Unter unserem Himmel“ zu einem abwechslungsreichen Album, das den Hörer tief berührt und zum Nachdenken anregt. Textlich absolut unikat ist „Vittoria“: Eine Hommage innerhalb der eigenen Blutlinie von Sänger Michael, der diese Nummer der bekanntesten italienischen Dichterin der Renaissance widmet: Vittoria Colonna (1492-1547). In musikalischem Weezer-Gewande verpackt, ist dieser Titel besonders emotional, traurig-süß und doch druckvoll powerpoppig. „Frieden“ ist dabei auch zum Ende des Doppel-Albums zu hören, nämlich in der Piano-Version mit dem preisgekrönten finnischen Pianisten und Filmmusik-Komponisten Tiko Lasola an den 88 Tasten. Mit dieser Version endet das Album und hinterlässt durch die großen Atem-Spielräume im Arrangement einen ganz tiefen, bleibenden Eindruck. Neben dem genannten finnischen Musiker verschönern auch die Mundart-Musikerin Eva Claus sowie der bayerische Pop-Punk-Rocker Maicho mit ihrem musikalischen Zutun den Horizont von „Unter unserem Himmel“.
Im Vergleich zu ihren ersten beiden Alben zeigt sich HUNZGRIPPE auf „Unter unserem Himmel“ noch ein Stück vielfältiger. Die Band präsentiert eine größere Bandbreite an Stilen, oft schneller und härter als bisher, aber auch mit ruhigen Momenten der Entschleunigung, und beweist, dass sie sowohl kraftvolle als auch leise Töne beherrschen. Mit „Unter unserem Himmel“ setzt HUNZGRIPPE ihre musikalische Reise fort und bleibt ihrer Linie treu: kritisch, kompromisslos und immer am Puls der Zeit. „Das Doppel-Album ist ein Muss für alle, die Musik nicht nur hören, sondern auch fühlen und verstehen wollen.“ – ist im Info-Zettel zu lesen, etwas übertrieben, aber ein Ohr sollte man diesen Songs schon geben, das tönt kraftvoll und ehrlich. „Unter unserem Himmel“ zeigt, dass die Band noch lange nicht am Ende ihrer kreativen Reise angekommen ist. (Artist MS/Modern Noise) P.Ro

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„Unter unserem Himmel“ ist seit 2. August erhältlich als Stream und Download unter: https://save-it.cc/artistms/unter-unserem-himmel