Wer mal wieder so richtig Bock auf eine ordentliche Schippe melodischen Death Metal aus Schweden hat, der oder die greift beherzt zu bei Album #2 „The Ignorance Cut“ von Croword. Die Jungs sind leider nicht die Schnellsten wenn es ums Komponieren geht, denn das Debüt erschien vor über sieben Jahren. Und natürlich sind sie nicht aus Schweden, obwohl sich die Musik so anhört, sondern aus Judenburg in Österreich. Geboten wird feinstes Liedgut in der Schnittmenge von Bands wie In Flames, Soilwork, Hypocrisy, Scar Symmetry oder auch Heaven Shall Burn, wobei man sich vom Opener der Scheibe „Brothers“ nicht aufs Glatteis führen lassen soll und meint, man hätte versehentlich eine Klassik CD eingelegt. Der mit über sieben Minuten längste Song beginnt tatsächlich mit einer Art über drei Minuten langen Kammermusikintro aus Geigen, Violinen und Cello usw. dargeboten vom „Esperia Quartett“ (keine Ahnung wer das ist), nur um dann in einer perfekten Überleitung in den „richtigen“ Song zu gleiten. Mag sein, dass das nicht jeder Metal Fan gut findet, ich dagegen ziehe meinen Hut. Hier wird dann auch deutlich wie fett die Scheibe produziert ist (von Bandchef Lukas Rappitsch höchstselbst) und wie technisch auf höchstem Niveau die Band operiert. Sei es der fette, groovende Bass, das bollernde Schlagzeug oder die unfassbar starken und immer hochmelodischen Gitarrensoli, die mich an Megadeth in deren Hochphase denken lassen. Nur mit dem typischen Death Metal Gesang (mit einigen Schlenkern hie und da Richtung Black Metal) muss man klarkommen, denn Klargesang gibt es im Vergleich zu den bereits erwähnten In Flames oder Soilwork nicht und variiert wird jetzt auch nicht so wirklich. Ist aber am Ende des Tages auch egal. Musikalisch zieht man die Hochgeschwindigkeit durch und nur selten gibt es minimale ruhige Momente wie der leise Anfang bei „Between“, ein kurzer ruhiger Akustikgitarrenpart bei „Isle of the Dead“ oder das akustische Outro bei „Secession“ (der leichte Heaven Shall Burn/Metalcore Einflüsse vernehmen lässt). Meine persönlichen Highlights und Anspieltipps wären das mit gleich zwei Soli (im Thin Lizzy Style) veredelte „Crimson Gaze“ sowie „The Devils Truth“ wo Per Nilson (und jetzt schlagen wir die Brücke zu Scar Symmetry) die Saiten glühen lässt. Wem dann nach gut 49 Minuten die Ohren so langsam zu bluten beginnen, der kann sie beim höchst ungewöhnlichen Rauswerfer „Totenlied“ entspannen lassen. Hier handelt es sich um ein instrumentales klassisches Stück dargeboten vom zweiten Auftritt des bereits beim „Intro“ zu hörenden „Esperia Quartett“ (Google meint dass das vier Musiker bzw. Musikerinnen aus Deutschland, Polen, Österreich und Frankreich sind, die für gewöhnlich eher Stücke von Haydn, Mozart oder Dvorak zum Besten geben). Der Mix und das Mastering wurden von Kai Stahlenberg durchgeführt, der in den bekannten Kohlekeller Studios arbeitet, die von Kristian Kohlmannslehner geleitet werden und für viele Metalproduktionen seit 1999 bekannt sind. Da stimmt noch die Qualität. Unterm Strich gibt es von mir sechseinhalb Sterne für ein fast perfektes Album, das für mich zu einem der Melodic Death Metal Highlights 2024 zählt und dem nur die fehlende Abwechslung im Gesang und die eine etwas ruhigere Nummer in der Mitte der CD, den halben Stern zur Höchstnote kostet. Unbedingter Kauftipp! (Lucky Bob Records/SPV) HJH ******/*
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