altemaelze

Cartoon Darkness

Amyl and The Sniffers

Ein Album, bei dem man sich wieder sehr jung fühlt, außer man ist es noch.

In den acht Jahren, seit sich Amyl and The Sniffers in Melbournes brodelnder Musikszene zusammengefunden haben, hat es die Band perfektioniert, Verspieltheit und rohe Wucht zu kombinieren. Mit den zwei bisher erschienenen, einhellig gefeierten Alben (dem selbstbetitelten Debüt von 2019 und „Comfort To Me“ von 2021), haben Sängerin Amy Taylor, Gitarrist Declan Mehrtens, Bassist Gus Romer und Drummer Bryce Wilson ihren besonderen Stil etabliert. Seit dem Release von „Comfort To Me“ Ende Oktober haben sich die Perspektiven für die Band in jeder Hinsicht exponentiell erweitert. Größer, klarer, smarter, schärfer, das ist es, was nun auch das dritte Album der Band antreibt. „Cartoon Darkness“ hat die Band zusammen mit Nick Launay im 606 Studio der Foo Fighters in Los Angeles aufgenommen, am gleichen Pult, an dem schon Fleetwood Macs „Rumours“ und Nirvanas „Nevermind“ entstanden. Es ist ein überraschend abwechslungsreiches Album und reicht von klassischem Punk über den strotzenden Glam der Single „U Should Not Be Doing That“ bis zur ausgelassenen Balladenhaftigkeit von „Big Dreams“. Auf „Cartoon Darkness“ geht es um viele Themen, um Krieg, die Klimakrise und künstliche Intelligenz, um Politik und das Gefühl, online eine Stimme zu haben, während wir am Ende doch einfach nur das Daten-Biest Big Tech speisen, unseren Gott der Gegenwart. Dazu meint Sängerin Amy Taylor: „‘Cartoon Darkness‘ handelt von der Klimakrise, von KI, Politik und dem Gefühl der Leute, online mit ihrer Stimme etwas bewegen zu können, während wir alle nur das Datenbiest Big Tech füttern, den Gott unserer Zeit. Es geht darum, wie unsere Generation mit Informationen vollgestopft wird, wie wir wirken wie Erwachsene und dabei doch für immer Kinder bleiben, abgeschirmt wie in einem Kokon und dabei all die Ablenkungen herunterwürgend, die uns nicht einmal Wohlbefinden oder Freude bereiten, sondern einfach nur Taubheit. Es ist alles hart und herzzerreißend, aber auch schön. Ich möchte feiern. Ich mochte mein Handy weglegen und den Gesichtsausdruck von jemandem sehen und wie er sich beim Reden verändert. Ich möchte Leute beobachten, ich will Fantasie und Eskapismus, mich dem Hedonismus hingeben, mich lebendig fühlen, während sich Dystopie und Chaos um mich herum ausbreiten.“ Ein Album, bei dem man sich wieder sehr jung fühlt, außer man ist es noch. Irgendetwas müssen diese Australier richtig machten! Am 25. November stehen die Australier aus Melbourne auf der Bühne in der Tonhalle in München. Da kann man das überprüfen. (Rough Trade)

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