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Schmidbauer-Kälberer-Ringlstetter

Kritik zum Konzert am 16. Januar in der Donau-Arena in Regensburg

Das Heimspiel, das ein Gipfeltreffen war: Gemeinsam mit Werner Schmidbauer und Martin Kälberer verzauberte Hannes Ringlstetter die Donau-Arena in ein großes Wohnzimmer

Wäre man ein rechter Tüpferlscheißer, ein Mensch also, der die Bayernraute denkbar kleinkariert interpretiert, dann müsste man jetzt recht heftig mit dem Fuß auf den Boden stampfen und ausrufen: „Nein, dieser Auftritt in der Donau-Arena, das war kein Heimspiel!“ Hannes Ringlstetter hat zwar in Regensburg studiert. Und hat sich in diesen Jahren auch als „Schinderhannes“ und als TVA-Moderator seine ersten Meriten verdient, als öffentlich wirksame Figur. Aufgewachsen aber ist das Multitalent, das TV wie Bühne beherrscht und erst kürzlich als dtv-Autor für Furore gesorgt hat, in Alburg. Und das ist ein Ortsteil von Straubing. Was ihn biographisch offenbar so präzise prägte, dass die von ihm verfasste „Niederbayern“-Hymne tatsächlich und völlig zu Recht den Status eines Volkslieds genießt. Nicht nur wegen all der komischen Details, die mit Räuschen und erster Liebe zu tun haben, sondern vor allem wegen des Satzes „Oba ganz einischau’n kann ma do in koan!“.

Gerade diese Mischung aus oft derber Komik und gleichzeitig tiefer Menschenkenntnis ist es, die diesen Auftritt hier heraußen im Stadtosten als „Heimspiel“ qualifizieren. Weil die Ringlstetter’sche Aura eben über jene Kraft verfügt, weit über den heimischen Acker hinaus zu strahlen. Spielend schafft er es, seine 3.500 Fans um den Finger zu wickeln und den Auftritt als „einen der krassesten Abende meiner Bühnenarbeit“ zu loben. Hannes Ringlstetter wird ernst genommen, in seinem Witz. Hinzu kommt diese spezielle Mischung aus Understatement („Ich bin professioneller Quetschist“), zartem Spott („Paris, New York, Alteislfing“) und gleichzeitiger Bühnensouveränität („Sei staad, wos mia do machern, des is immer no Frontalunterricht!“).

Dass Hannes Ringlstetter an diesem besonderen Abend zwei Kompagnons an seiner Seite hat, schadet übrigens dem gesamten Unternehmen ganz und gar nicht. Denn Werner Schmidbauer – seit Jahrzehnten kennt man ihn als Zuschauer des Bayerischen Fernsehens, nicht zuletzt wegen seiner „Gipfeltreffen“ – bildet gemeinsam mit „seinem“ Multiinstrumentalisten, dem  vor allem als Pianisten brillierenden Martin Kälberer jenes poetische Gegengewicht, das diesen zweieinhalb Konzertstunden jenen Mehrwert verleiht, den die Teile einzeln gar nicht auf die Waage gebracht hätten. Und das ist gar nicht bös oder hinterfotzig gemeint. Gerade aus dem Zusammenspiel (vielleicht trifft‘s die Beschreibung „Austropop mit bayerischen Texten“ am besten) der beiden Singer-Songwriter wird immer wieder deutlich, welche unterschiedlichen Zugänge sie wählen, wenn sie ihr Publikum ansprechen. Und genau dieser Spannungsreichtum macht die Sache so spannend. Werner Schmidbauer ist der positive „Moment’n-Sammler“. Derjenige, der drauf vertraut, dass die „Sachen immer dann passieren, wenn’s an der Zeit ist“. Der allein mit seiner Gitarre auf den Brünnstein-Gipfel hochwandert und dort droben in der Bergeinsamkeit einen Song komponiert, im dem er „Herz“ auf „himmelwärts“ reimt. Der in der Nacht der Geburt seiner jüngsten Tochter Sophie (26 Jahre ist das her) mit „Händ, de no bluadig warn, vom Durchtrennen der Nabelschnur“ eine Art von Gebet verfasst hat, in dem er schwört, immer für sie da zu sein. Der stets das Gemeinsame betont: Weshalb er an einer eindrucksvollen Stelle dafür plädiert, dass bei aller Notwendigkeit zu gesellschaftlichem Streit am Ende Versöhnung unverzichtbar sei. Um dieser im politischen Diskurs grassierenden „Bluatsspalterei“ entgegenzuwirken. Und vielleicht ist das gerade das zentrale Motiv dieses Heimspiels: Dass handgemachte Musik von Künstlern mit Herz und Verstand nach wie vor ein großes Publikum findet. Und dass dieses Publikum sich genau da daheim fühlt. (Peter Geiger)

(Fotokredit: Rock’n’Fucking Roll Pictures)