Von Georg Ringsgwandl gibt’s ein uraltes Lied. Willy Michl hat es einst populär gemacht. Es heißt „Sitz Di her“. Auf eindrückliche Weise führt der Autor darin vor, was einen idealen Dialog ausmacht. Zwei Fremde erzählen sich, wo sie schon überall gewesen sind, auf der Welt, welche Mutproben sie überstanden haben. Bald trinkt der eine aus dem Krug des andern. Und je weiter die Freundschaft wächst, umso mehr gedeiht auch das Seemannsgarn und das Jägerlatein: Weshalb der eine Käpt‘n Flint als Großvater reklamiert. Und der andere behauptet, in Schottland habe er Kängurus gesehen. Leider blieb an diesem Freitagabend im Theater beim erstmals hier ausgetragenen Format „Talk & Jazz“ dieser Song – Georg Ringsgwandl hat ihn vor acht Jahren für sein Album „Woanders“ aufgenommen – ungespielt. Und auch der Dialog verläuft nicht ganz nach diesem idealen Muster, hat sich der in seinen frühen Jahren „vogelwild“ und als „gache Wurzen“ inszenierende Singersongwriter doch auf eine Gesprächstaktik eingeschworen, die Fragensteller Sven Faller (dass er ihn unentwegt „Jens“ nennt, ist zunächst schon witzig – durch mehrfache Wiederholung aber gewinnt diese Pointe keineswegs an Überzeugungskraft) immer wieder Hürden in den Weg stellt. Aber – und das ist Faszinierende an diesem Abend – genau aus dieser Verweigerung heraus entfaltet dieser Talk ganz eigene Qualitäten: Wie es ihm gehe, will Faller wissen. Ringsgwandls Antwort fällt philosophisch aus: Auf der Bühne wisse er das gar nicht. Weil er, wenn er hier heroben sei, darüber nicht nachdenken müsse. Wir sehen: Genau das ist der Grund, weshalb es ihn, den mittlerweile 76-Jährigen, der studierter Mediziner ist und als Kardiologe an Krankenhäusern gearbeitet hat, ein Leben lang diastolisch auf die Bühne gezogen hat. Sodass es auch der Logik dieses Abends entspricht, dass die allerbesten Momente die sind, wenn die beiden miteinander musizieren. Gleich zum Einstieg hat Georg Ringsgwandl, der ganz in Oliv gekleidet ist und wirkt, als sei er einer Brandner Kasper-Inszenierung entschlüpft, in der er den Boandlkramer gibt, einen ganz besonderen Titel ausgewählt: Dessen Refrain „Die Welt vergeht in Krieg / in Grausamkeit und Wahn / und mir liegn do im Bett / Herz an Herz und Arm in Arm“, er fühlt unserer Hochdruckgegenwart den Puls, dass man meint, der Text sei gerade erst geschrieben worden. Tatsächlich ist das Stück aber schon älter, 2016 auf CD erschienen und dabei so tröstlich in seiner verzweifelten Düsterkeit, dass man an Bonnie „Prince“ Billy oder Johnny Cash denken muss. Sven Faller unterdessen geht am Bass nicht nur in seiner Begleiterrolle auf – sondern setzt immer wieder markante Akzente, etwa, wenn Georg Ringsgwandl den alten Chuck Berry-Hodern „You never can tell“ herbeizitiert. Das ist die Ballade, die von einem Kundendienstmonteur und einer Dorffriseuse erzählt. Noch keine 18 waren sie, als sie geheiratet haben. Jetzt aber sind sie von Augsburg aus in sieben Stunden mit dem Auto an die Cote d’Azur gefahren, weshalb sich „St. Tropez“ auf „BMW“ reimt. Und Sven Faller mit seinem Bass den Auspuff hörbar röhren lässt. Und der Refrain? Der könnte sowieso den Charakter unserer krisenhaften Gegenwart zusammenfassen. Und auch dieses Abends, an dem auch das Ungesagte wichtig ist: „So kann’s gehn, sagen die Oiden – irgendwie wird’s scho werd‘n!“ (Peter Geiger)